2011 kamen 9,2 Prozent mehr deutschsprachige Urlauber nach Kroatien
Mit 19 Millionen Übernachtungen aus dem deutschsprachigen Raum verzeichnete Kroatien im Jahr 2011 gegenüber dem Vorjahr ein Plus von 9,2 Prozent. Hat das Land die Krise überwunden, mit welchen Gästezahlen rechnen Sie für 2012?
Niko Bulić:
Kroatien hat im Jahr 2011 seine drei touristischen Schlüsselziele erreicht: Vergrößerung des Marktanteils am internationalen Markt, die Rückkehr kroatischer Urlauber in heimische Gefilde und die Verlängerung der Saison. Kroatien erzielte das 4. Jahr in Folge bessere touristische Zahlen als der europäische Durchschnitt und hatte 2011 mit fast 1,2 Millionen zusätzlichen Gästen doppelt so gute Ergebnisse wie das übrige Europa. Für 2012 ist es unser Ziel, diese Position zu halten.
Wie groß war voriges Jahr der Anteil deutschsprachiger Urlauber in Kroatien?
Niko Bulić:
Auch 2011 kamen die meisten Touristen aus dem deutschsprachigen Raum. Zwischen Januar und November reisten genau 2.758.675 Gäste aus Deutschland, Österreich und der Schweiz nach Kroatien - gegenüber 2010 war dies eine Steigerung von 9,2 Prozent. Bei den Übernachtungen machte der Anteil deutschsprachiger Urlauber immerhin 32 Prozent aller ausländischen Touristen aus.
"Die Verlängerung der Saison hat für uns oberste Priorität"
Vielerorts ist die Saison recht kurz. Zahlreiche Hotels haben im Winter geschlossen. Gibt es Pläne, Kroatien weiter zur Ganzjahresdestination zu entwickeln?
Niko Bulić:
Die weitere Verlängerung der Saison hat für uns oberste Priorität. Ausgebaut werden sollen die touristischen Angebote im Inland. Außerdem sind zusätzliche Programme für Special-Interest-Gruppen und Nischenmärkte geplant. Außerhalb der Hauptsaison bieten sich Wander- und Weinreisen, Städtetrips und Bustouren sowie Gesundheits- und Wellnessurlaub an. Immer mehr Hotels, insbesondere die Häuser mit Wellness- und Spa-Angeboten, sowie Campingplätze haben ganzjährig geöffnet. Steigende Besucherzahlen verbucht Kroatien im Städtetourismus; die höchsten Zuwächse verzeichnen hier Zagreb und Varaždin. Beliebt bei Touristen sind auch Städte wie Dubrovnik und Split, die das ganze Jahr über direkt angeflogen werden und aufgrund spezieller Winterprogramme auch außerhalb der Hauptsaison attraktiv sind.
Die Fluglinie Ryanair fliegt ab März von Karlsruhe aus nach Zadar, Croatia Airlines nimmt im April 2012 die Verbindung Zürich-Zadar in den Flugplan auf. Sind weitere zusätzliche Flugverbindungen ab Deutschland, Österreich und der Schweiz geplant?
Niko Bulić:
Von Mai bis Oktober 2012 fliegt Condor von Frankfurt aus jeweils einmal pro Woche nach Rijeka und Dubrovnik. Die nationale Fluggesellschaft Croatia Airlines hat im Sommer 2012 wieder Direktflüge von München nach Zadar im Programm. Ebenfalls im Sommer steuert Germania von Bremen aus Dubrovnik und Split an, und die Lufthansa fliegt direkt von Hamburg nach Dubrovnik und von Düsseldorf nach Zadar.
Ab dem 5. Mai 2012 verkehrt Air Berlin zwischen Leipzig und Split. Germanwings bietet ab dem 7. April eine neue Verbindung zwischen Stuttgart und Dubrovnik an.
Derzeit sind etwa ein Neuntel der Hotelbetten dem gehobenen Bereich zuzuordnen. Gibt es Pläne, diesen Sektor der Vier- und Fünf-Sterne-Hotels weiter auszubauen, um den hohen Qualitätsansprüchen deutscher Gäste gerecht zu werden?
Niko Bulić:
Nach aktuellen Zahlen des Tourismusministeriums gibt es in Kroatien insgesamt 610 Hotels. Die meisten davon, nämlich 316, sind Drei-Sterne-Hotels. Am größten sind die Zuwächse in der Kategorie der Vier-Sterne-Häuser. Derzeit gibt es in Kroatien 173 Vier-Sterne- und 26 Fünf-Sterne-Hotels. In der letzten Kategorie ist die Region Dubrovnik führend, wo immerhin 14 Fünf-Sterne-Hotels ansässig sind.
"Es gibt Pläne, die Anzahl der Landgüter zu verdoppeln"
Die Rettungsstation für Gänsegeier in Beli und der Delfinschutz-Stützpunkt in Veli Lošinj sind beliebt bei Touristen. Sind weitere Ökotourismus-Projekte in Kroatien geplant?
Niko Bulić:
Gemeinsam mit Geschäftsbanken fördert der kroatische Staat die Entwicklung des Agro- und Öko-Tourismus. Das wichtigste Kreditprogramm ist die Entwicklung des Dorftourismus. Es gibt Pläne, die Anzahl der Landgüter zu verdoppeln. Wir fördern die Entstehung des ersten Antistress-Dorfes Kroatiens und beteiligen uns am Wiederaufbau des slawonischen Öko-Ethno-Dorfes Stara Kapela, das auf dem Gebiet zwischen den Städten Požega, Slavonski Brod und Nova Gradiška liegt.
Die kroatische Adria ist für ihre unberührten Tauchgründe bekannt. Urlauber, die auf eigene Faust tauchen gehen, bezahlen eine Jahresgebühr von umgerechnet 350 Euro. Wollen Sie an dieser Regelung festhalten und - wenn ja - warum?
Niko Bulić:
Diese Regelung dient der Sicherheit und dem Schutz der Taucher. Professionelle Tauchbasen sind mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut und kennen die schönsten Plätze. Insofern gewährleisten sie sichere Tauchgänge und unvergessliche Unterwassererlebnisse. Auf die für Taucher geltenden Gesetze hat die Tourismuszentrale keinerlei Einfluss. Allein der Gesetzgeber legt die Regeln für Sporttaucher fest.
Ausbau von mehr als 30 Golfanlagen in Kroatien geplant
Welche Pläne verfolgen Sie beim Ausbau von Wellness-Anlagen und Golf-Resorts, die im Tourismus immer mehr nachgefragt werden?
Niko Bulić:
Der Gesundheitstourismus blickt in Kroatien auf eine lange Tradition zurück - seine Entwicklung begann Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts in Opatija, Lošinj, Crikvenica, Lipik und Varaždinske Toplice. Heute bietet Kroatien im Gesundheitstourismus und medizinischen Tourismus ein breites Spektrum an qualitativ hochwertigen und günstigen Behandlungen. Der Wellness-Trend wurde frühzeitig erkannt: Alle Fünf-Sterne-Hotels und die meisten Vier-Sterne-Häuser sind mit Wellness- und Spa-Zentren ausgestattet. Von touristischer Bedeutung ist auch die Weiterentwicklung der Golf-Angebote - ein von uns aufgelegtes Entwicklungsprogramm sieht den Ausbau von mehr als 30 Golfanlagen an der Adria und im Inland vor.
Wo sehen Sie noch Potenziale für den Tourismus, um Kroatien für Urlauber aus Deutschland, Österreich und der Schweiz attraktiver zu machen?
Niko Bulić:
Große Wachstumspotenziale sehen wir bei der Vermarktung von kleineren Hotels und ökologischen Landhäusern. Außerdem sind wir bestrebt, die Infrastruktur in den Küstenregionen und im Inland sowie in den Bereichen Bootstourismus, Camping, Wein und Gastronomie weiter zu verbessern. Unsere wertvollste Ressource ist die gut erhaltene Umwelt: Kaum eine Küste ist so wenig verbaut und so sauber wie die Kroatiens. Ganze 97 Prozent der Adria-Strände sind zum Baden geeignet, die allermeisten davon zeichnen sich durch besondere Sauberkeit aus. Auf Kroatiens unberührte Natur, die Ruhe, die Erhaltung des Kulturerbes sowie auf Traditionen und Küche setzen wir auch bei der Weiterentwicklung des Agrotourismus.
Niko Bulić (60) arbeitet seit 1999 als Direktor des Hauptbüros der Kroatischen Zentrale für Tourismus in Zagreb. Kroatiens ehemaliger Tourismusminister (1993 bis 1997) stammt aus dem nördlich von Dubrovnik gelegenen Ferienort Brsečine.
Nach dem Abschluss zweier wirtschaftswissenschaftlicher Studiengänge mit touristischer Ausrichtung war der zweifache Familienvater zuvor in leitenden Funktionen für mehrere Tourismusunternehmen im In- und Ausland tätig.
Die Fragen stellte Claudia Piuntek.